In meiner Zeit als Student habe ich nebenzu Kurse in einer Entspannungstechnik, dem sogenannten Autogenen Training gegeben. Das hat mir einerseits viel Freude bereitet und andererseits war es erstaunlich zu sehen, wieviel es den Teilnehmer*innen gebracht hat und wie viel Veränderung in den 8 Wochen möglich war. Daher möchte ich in diesem kleinen Blog-Artikel auch allen wärmstens ans Herz legen: Probiert es aus und lasst euch überraschen, welche positiven Effekte ihr mitnehmen werdet! Zugegeben, es gibt schon einige Informationen im Netz zum AT, aber was ich oft vermisse, ist die Begeisterung für diese in meinen Augen wirklich ganz fantastische Technik. Oft wird erklärt, wo das AT herkommt, wie es abläuft, usw. und das ist ja auch alles interessant, aber die erste und wichtigste Frage ist doch: Warum solltest Du AT lernen?Schon mal vorneweg: Das AT gibt Dir die Möglichkeit, Dich gezielt zu entspannen, tiefer und erholsamer zu schlafen, besser mit Stress umzugehen, und allem, was damit zusammenhängt. Wenn Dein Körper sich entspannt, können deine Selbstheilungskräfte besser arbeiten und eine ganze reihe körperlicher und seelischer Beschwerden lindern. Das ist aber bei weitem nicht alles. Du bekommst auch einen ganz anderen Zugang zu deinem Körper und einen besonderen, exklusiven "Zugriff" auf Körperfunktionen, die eigentlich außerhalb deiner bewussten Kontrolle liegen. Das alles erreichst Du mit der sogenannten "Grundstufe" des AT. Im fortgeschrittenen Bereich, der sogenannten Oberstufe des AT, nähern wir uns einer "meditativen Innenschau", die einen wirklich vom Hocker reißen kann... Woher kommt das AT?Damit man versteht, warum das AT so ist, wie es ist, muss man aber verstehen, wo es herkommt und aus welcher Zeit. Entwickelt wurde das AT in den 1920er Jahren von dem Arzt J.H. Schultz. Damals sah die Welt in vielerlei Hinsicht anders aus, u.a. war das Verhältnis zwischen Arzt und Patient ein ganz anderes, oder allgemeiner formuliert zwischen "aktivem" Behandler und "passiven" Behandlungsempfänger. Heutzutage ist es ganz normal, dass der Patient/die Patientin in irgendeiner Form mithilft, oder aktiv an der eigenen Gesundheit mitarbeitet. Damals war das eine ziemlich revolutionäre Idee! Mit dem AT wollte der Arzt Johannes Heinrich Schultz seinen Patienten in erster Linie etwas an die Hand geben, wo die selber aktiv werden können. Deswegen gibt es auch diese peinlich genauen Anleitungen und Vorschriften. Es ist wirklich haarklein vorgegeben, in welcher Körperhaltung man sich entspannt, was man zu sich selbst sagt, usw. Damit man auch ja nichts falsch macht! Das AT ist jetzt fast 100 Jahr alt, deswegen ist die Sprache antiquiert, wenn du ein Buch zu dem Thema in die Hand nimmst, werden dir manche Worte unnötig altbacken vorkommen (was zur Hölle ist ein "Sonnengeflecht"?! Was ist bitte eine "Droschkenkutscherhaltung", usw. ), aber das gehört zum Spaß dazu! Was genau ist das AT?Ziel ist, dass sich die Leute selbst entspannen und gewissermaßen in die Entspannung hineinhypnotisieren. AT ist also eine Auto-, eine Selbsthypnose nach Kochrezept. Dieser besondere Trance- Zustand lindert Stresssymptome, stärkt dadurch die Selbstheilungskräfte, und nimmt gewissermaßen "den Druck vom Kessel". In unserem Fall müssen wir also erstmal wissen, wie fühlt sich Entspannung an? Dazu hat Schultz sehr viele Leute befragt und die häufigsten Antworten waren sinngemäß wie folgt:
Wie funktioniert das ATSo, und jetzt kommen die "Autosuggestionen" ins Spiel. Wir sagen uns selbst Dinge vor. Entweder laut oder mit unserer inneren Stimme. Wir gehen diese ganzen positiven Empfindungen nacheinander durch, in dem wir das in meditativer Wiederholung mehrmals zu uns selbst sagen und Ganz wichtig: Wir formulieren das so, also wäre unser Wunschzustand bereits eingetreten. Ich sage also nicht, ich hätte gerne, ich möchte, sondern z.B. "ich bin". D.h. die Formeln des AT lauten Ich bin ganz ruhig Arme und Beine sind schwer Arme und Beine sind warm Der Bauch ist strömend warm Der Atem ist ruhig und gleichmäßig Das Herz schlägt ruhig und gleichmäßig Die Stirn ist angenehm kühl Und die wiederhole ich mehrmals. Wenn Du das mal ausprobieren möchtest, dann schau dir mein Video Autogenes Training Grundstufe an. Hier habe ich alle Formeln mit schöner Hintergrundmusik für Dich aufgesprochen, mach's dir bequem und lass dich treiben: Das AT läuft immer gleich ab. Du kannst am anfang etwas experimentieren, in welcher Reihenfolge du die Formeln durchgehst und welche Formulierungen dir am besten passen, aber im Prinzip ist es immer gleich. Erstmal klären wir: im sitzen oder liegen? Die Antwort: beides möglich. Wenn du keine Lehne hast, gehst Du in diese "Droschkenkutscherhaltung" (ich weiß nicht, wann du zuletzt am steuer einer Pferdekutsche saßt...) Eine Droschke ist eine Pferdekutsche ohne gscheide Lehne, d.h. um sich zu entspannen, konnten die D. sich nur nach vorne beugen Das funktioniert besser, als es aussieht, ehrlich, probier's aus! Aber ich würde sagen, mach's dir doch einfach bequem! Normalerweise startet man nicht mit dem vollen Programm, sondern man tastet sich Formel für Formel heran. Die erste Woche konzentrierst Du Dich also z.B. nur auf einen Arm und nur die Schwere. Die Formel lautet dann Mein rechter Arm ist schwer. Das murmelst du mehrmals vor dich hin oder sagst es dir still in deinem Kopf vor. In der zweiten Woche nimmst Du die Wärme mit dazu. Mein rechter Arm ist warm. Leute, das klingt jetzt total monoton, aber ich verspreche euch, das ist wie wenn ihr eure Jedi-Fähigkeiten trainiert oder eure Zauberkünste! Spätestens, wenn dann nach etwas ausprobieren dieser Moment kommt: "Woah krass, das wird wirklich warm" Was ist der Vorteil, wenn man es immer genau so macht? Wir konditionieren uns selbst! Du merkst, es dauert ein Weilchen, bis man das richtig drauf hat und es gibt das Risiko, dass man am Anfang zu viel erwartet. Wenn du aber geduldig weiter dran bleibst, verspreche ich dir, wirst du von deinem Körper wirklich reich beschenkt. Durch diese meditative Wiederholung weiß dein Körper ab dem ersten Satz "Ich bin ganz ruhig" schon, in welche Richtung es geht und rutscht wirklich wie in eine warme Badewanne aus Entspannung. Wenn du das ein paar mal gemacht und geübt hast, dann hat dein Körper plötzlich einen Autopilot direkt in dieses wohlige Gefühl. Wann solltest Du es besser lassen? (Kontra-Indikation)Das Schöne am AT ist ja, dass man so herrlich in seiner eigenen Gedankenwelt versinkt, dass man da auf eine innerliche Traumreise geht und sich überraschen lassen kann von den Bildern, die da innerlich auftauchen. Und deswegen musst Du aufpassen, wenn Du schon weißt, dass schwierige innere Bilder auf dich warten, wenn du z.B. eine posttraumatische BS hast oder andere psychische Erkrankungen, wie Schizophrenie, eben all die Erkrankungen, bei denen die inneren Bilder eben nicht angenehm, sondern belastend sind. Falls das auf Dich zutrifft, ist wahrscheinlich eine andere Entspannungstechnik, die sogenannte PME nach Jacobsen für dich besser geeignet. Kläre das dann besser mit Deinem Arzt ab. Was kommt nach der Grundstufe?Die körperliche Entspannung nennt man auch Grundstufe des AT.
Wenn du das gut drauf hast, dann geht die Reise erst richtig los. Mit etwas Übung kannst Du aber auch bestimmte Gedanken kultivieren, alte Überzeugungen loslassen und neue Glaubenssätze in dein Leben lassen. Außerdem gibt es geführte Meditationen und noch vieles mehr zu entdecken, da kommt aber noch so viel, dass ich da ein eigenes Thema draus mache, wenn Dich das interessiert...
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AutorDaniel Gregor Schmidt. Categories
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